Perspektivwechsel - Das Neue leuchtet auf
von Roswitha Schneider
Wenn wir
von synergetischer Prozessarbeit sprechen, meinen wir damit ein Verfahren, das
es uns erlaubt, Selbsterfahrung auf höchstem Niveau zu erleben, weil wir
in die größtmögliche Tiefe unseres eigenen Daseins vordringen.
Da „Selbsterfahrung“ keineswegs ein neuer, sondern vielmehr ein
mittlerweile äußerst gebräuchlicher, in zahlreichen Kontexten
angewandter und mithin sehr dehnbarer Begriff ist, möchten wir im folgenden
versuchen, ihm ein wenig deutlichere Konturen zu verleihen. Wovon sprechen wir
eigentlich? Was genau ist dieses „Selbst“ und welche Art von Erfahrung
machen wir?
Um uns der Antwort auf diese Fragen zu nähern, greifen wir auf die uns
bislang als tiefgreifendste bekannte Definition des Selbst zurück, die
von Carl Gustav Jung im Rahmen seiner Analytischen Psychologie entwickelt wurde.
Danach stoßen wir auf die folgenden Kriterien:
Das SELBST
* umfasst die Ganzheit des menschlichen Organismus und strukturiert und organisiert
alle Entwicklungsprozesse körperlicher und psychischer Art
* umfasst das Bewusste und das Unbewusste, das Körperliche und das Psychische,
das Innere und das Äußere enthält das allgemein menschliche
archetypische ebenso wie alles individuelle Potential
* umfasst nicht nur personale, sondern gleichermaßen kollektive und
transpersonale Aspekte
* steht in einer untrennbaren Beziehung zu seiner Mit- und Umwelt, ist aber
gleichzeitig eine sich selbstregulierende Einheit (das von Jung aufgefundene
Prinzip der Selbstregulation ist vergleichbar mit dem Prinzip der Selbstorganisation
in der Synergetik)
* ist die Ganzheit aller Paradoxien und Polaritäten und gleichzeitig die
Synthese aus Vergangenem, Gegenwärtigem und zukünftigen Entwickklungsmöglichkeiten
* ist gleichermaßen Zentrum wie Umfang der Persönlichkeit, es ist
Ursprung und Ziel, es ist ein fortwährend sich wandelnder Prozess
In Abgrenzung dazu ist das Ich (Ego) nur der relativ „kleine“, bewusste
Aspekt des SELBST, „der Blick auf die Welt“, mit dem das SELBST
sich orientieren und reflektieren kann. In der Regel ist der Mensch mit diesen,
dem Ich-Bewusstein zugänglichen Aspekten identifiziert, da das große
Potential des Unbewussten unzugänglich bleibt.
Mit der hier eingeführten Schreibweise SELBST möchten wir gleich zu
Beginn den gravierenden und ausschlaggebenden Unterschied der synergetischen
Prozessarbeit im Verhältnis zu anderen Methoden deutlich machen. Die nicht-differenzierte
Nutzung der Begriffe „Ich“ und „Selbst“ hat zu einer
inflationären Anwendung des Terminus „Selbsterfahrung“ geführt.
Es gilt nun klarzustellen, dass sich hinter diesem umgangssprachlich akzeptierten
Begriff häufig eine „Ich-Erfahrung“ verbirgt. Diese beinhaltet
eine Auseinandersetzung mit unseren Ego-Anteilen und führt demzufolge auch
nur zu einer Stärkung oder Ausdifferenzierung un-seres „Ich- Wertgefühles“
(anstelle von “Selbst- Wertgefühl“).
Unter Bezugnahme auf die oben vorangestellte Definition möchten wir nun
deutlich machen, dass sich die synergetische Prozessarbeit keineswegs auf diesen
Bereich reduzieren lässt, sondern sich vielmehr auf einem ganz anderen
Terrain bewegt. Wir wollen den Versuch unternehmen, dieses Feld nun genauer
zu definieren.
Das SELBST in seiner ungeheuren Vielfältigkeit zu erleben, die unzähligen
Facetten an Erscheinungsformen kennenzulernen, eigenem Potential und Ressourcen
zu begegnen und all dies letztlich mit allen Sinnen wahr-zu-nehmen, das ist
Anliegen der SELBST-Erfahrung in der synergetischen Prozess- arbeit.Insoweit
können wir sagen, dass die INNENWELT, von der in der Synergetik die Rede
ist, genau diesen Komplex des SELBST bezeichnet.Diese SELBST-Erfahrung schließt
einen Eintritt in die Auseinandersetzung, in die Kommunikation mit diesem ganzen
Potential ein, denn nur auf diesem Weg kann es gelingen, bislang unbewusst wirkende
Anteile als unsere eigenen zu identifizieren, wahrzunehmen und sie letztlich
wieder anzunehmen. Wir gehen den Weg von der Kommunikation hin zur Kommunion,
um damit unserer eigenen Ganzheit näherzukommen.
Wenn wir uns in die INNENWELT begeben und in den Komplex unseres SELBST eintauchen,
erleben wir einen Perspektivwechsel, der uns zu einer neuen Sicht der Dinge,
zu einer Neubewertung gelangen lässt. Allein dadurch, dass wir uns in einen
bis dato unbekannten Kontext stellen, leuchtet das Neue, die andere Qualität
bereits auf.Die Erfahrung, dass die INNENWELT real ist, weil wir sie erleben,
wahrnehmen, spüren und mit dem inneren Auge sehen können, zeigt uns
eine neue Wirklichkeit auf, eine Welt, die wirkt und bewirkt. Es handelt sich
bei diesem Erleben also nicht um eine einfache Widerspiegelung, sondern vielmehr
um eine konkrete Realwerdung.Mit dem Selbstorganisationsprozess vollendet sich
der Perspektivwechsel durch eine Neuordnung: Immer schon vorhandenes und in
diesem Sinne altes Material fügt sich zu einer neuen, höheren Ordnung
zusammen und impliziert damit eine neue, erweiterte Sichtweise. Sukzessive wird
der Blicke auf das Ganze (die Ganzheit des SELBST), der Blick auf Zusammenhänge
und Interdependenzen deutlich.
Doch um das Neue für uns zu erschliessen, um es für uns praktisch
werden zu lassen, muß das Alte erlöst werden. Wir wollen dies zum
besseren Verständnis an einem kleinen Beispiel deutlich machen. Stellen
wir uns vor, in unserer INNENWELT taucht eine Situation auf, in der unsere Mutter
eine wichtige Rolle spielt.
Wir können jetzt sehen, dass unsere Mutter nicht nur als die reale Person,
die wir kennen, existiert, sondern sie existiert darüber hinaus in unserer
INNENWELT, in unserem SELBST als ein Bild oder Konzept mit bestimmten Qualitäten
und Eigenschaften. Indem wir wahrnehmen, dass das innere Bild oder Konzept unserer
Mutter nichts anderes als einen Teil unserer Gesamtpersönlichkeit repräsentiert,
verstehen wir auch, dass es eben dieser Teil ist, der unser Verhalten im alltäglichen
Geschehen mitprägt, mitkontrolliert und mitsteuert.
Bislang haben wir diesen Einfluss unserer realen Mutter zugeschrieben, weil
sie die Projektionsfläche für unser inneres Bild im Außen verkörpert.
(Wir sprechen hier nicht von den ersten Jahren als Säugling und Kleinkind,
denn in dieser Phase liefert uns die Muter das Material für den Aufbau
unseres inneren Anteils „Mutter“, der zudem so-wohl durch das archetypische
als auch das kollektive Konzept “Mutter” unterlegt ist. Diese Entwicklung
ist ein ge-sonderter, sehr zentraler Gesichts- punkt, der hier zunächst
nicht behandelt werden kann, auf den wir aber in einer späteren Ausgabe
eingehen werden).
Stellen wir uns weiter vor, das Bild der Mutter in uns selbst zeichnet sich
durch Qualitäten wie Lieblosigkeit und Kälte aus. Wir werden nun die
Auseinandersetzung mit diesem inneren Teil aufnehmen, ihn konfrontieren, befragen
oder Anweisungen erteilen. Was auch immer wir tun, das zentrale Moment liegt
in der Kontaktaufnahme, in der unmittelbaren Begegnung, d.h. in der Rückkoppelung.
Wir bereits an anderer Stelle erläutert, wird auf diesem Weg ein Selbstorganisationsprozeß
ausgelöst, der erstaunliche und spürbare Veränderungen mit sich
bringt.
Es zeigt sich uns jetzt ein verändertes, ein völlige neues Bild der
Mutter. Sie wird liebevoll auf uns zugehen und uns in die Arme schließen
(selbstverständlich hat dieses Beispiel reinen Modellcharakter, denn die
Bilder der INNENWELT sind weitaus prägnanter und komplexer, als es hier
in Form von Worten zu vermitteln ist).Der hier geschilderte Vorgang macht jedoch
auf der bildhaften Ebene deutlich, dass sich ein Perspektivwechsel ergeben hat.Es
ist jetzt möglich, die liebevolle und warme Qualität des inneren Bildes
„Mutter“ wahrzunehmen. Wir realisieren, dass das „Konzept
Mutter“ weitaus facettenreicher und komplexer ist, als sich auf einzelne
Eigenschaften festlegen zu lassen. In dem genannten Beispiel ist es mit anderen
Worten gelungen, über den Selbstorganisationsprozess eine weitere, zusätzliche
Qualität der inneren Mutter zur Real-
werdung zu bringen.
Das alte Bild hat einen Teil seiner bisherigen, offenkundig schädigenden
Wirkkraft eingebüßt, indem es durch zusätzliche Qualitäten,
mit denen es eine neue, höherwertige Verbindung eingegangen ist, erweitert
und bereichert wird.So kann sich jetzt eine andere und positive, weil höherwertige
Wirkung entfalten. Wir haben an dieser Stelle eine andere Wirklichkeit wahr-
und zu uns genommen, d.h. wir haben die zusätzlichen, bislang nicht wahrgenommenen
oder abgelehnten Qualitäten der Mutter integriert.
Mit jeder neuen Wahrnehmung vollzieht sich eine Erweiterung bzw. Bereicherung
des Bisherigen, die wiederum die Voraussetzung schafft für eine zusätzliche
Erweiterung.In diesem Sinne können wir sagen, dass die synergetische Prozessarbeit
eine Methode ist, die durch die SELBST-Erfahrung zu einer erweiterten Wahrnehmung
unserer eigenen inneren Realität führt und über das Prinzip der
Selbstorganisation die Möglichkeit der Re-Integration von bislang unbewusst
wirkendem, abgespaltenem oder auch autonom agierendem Material eröffnet.In
diesem Licht zeigt sich die synergetische Prozessarbeit als ein Integrationsverfahren,
das uns den Schritt von der Dualität (entweder/oder) hin zu einer Vereinigung
der Polarität (sowohl/als auch) ermöglicht. Die duale Sicht lautet:
„Was gut ist, kann nicht böse sein und was hell ist, kann nicht dunkel
sein“.
Durch einen Perspektivwechsel erfahren wir nun, dass diese polaren Qualitäten
sich gegenseitig bedingen, dass sie existentiell aufeinander angewiesen sind,
denn es kann kein gut ohne böse und kein hell ohne dunkel geben. Durch
die Arbeit mit dem SELBST, durch die Arbeit in der INNENWELT machen wir nun
die Erfahrung, dass all diese polaren Qualitäten in uns selbst existieren.
Sie warten darauf, angenommen, akzeptiert und genutzt zu werden, weil dies die
einzige Möglichkeit ist, um die Ganzheit unseres SELBST wieder zurückzugewinnen.
Wir wollen an dieser Stelle noch einmal auf Carl Gustav Jung und seine Definition
des Individuationsprozesses zurückgreifen: „Individuation bedeutet:
zum Einzelwesen werden, und, insofern wir unter Individualität unsere innerste,
letzte und unvergleichbare Einzigartigkeit verstehen, zum eigenen Selbst werden“
(C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 7, § 266 f).
Hier schließt sich nun der Bogen zu unserem eingangs unternommenen Versuch
einer unmissverständlichen Abgrenzung der Begriffe von „Ich“
und „Selbst“. Die Ich-Entwicklung hat große Bedeutung für
den Prozess einer nachhaltigen Integration, aber sie steht nicht im Vordergrund,
sondern es geht um die Realisierung der Ganzheit des SELBST.
Demzufolge warnt Jung in seinen weiteren Ausführungen explizit vor einer
Verwechslung : „Ich sehe aber immer wieder, dass der Individuationsprozess
mit der Bewusstwerdung des Ich verwechselt und damit das Ich mit dem Selbst
identifiziert wird, woraus natürlich eine heillose Begriffsverwirrung entsteht.
Denn damit wird die Individuation zum bloßen Egozentrismus und Autoerotismus.
Das Selbst aber begreift unendlich viel mehr in sich als bloß ein Ich:
es ist ebenso der oder die anderen wie das Ich. Individuation schließt
die Welt nicht aus, sondern ein“ (C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 8,
§ 432).
Hier macht Jung deutlich, dass alle Menschen, Objekte oder Phänomene, die
uns in der Realität begegnen, ebenso wie archetypisches und kollektives
Wissen, in unserem SELBST eine Verkörperung energetischer Art finden. Sie
werden zu Bestandteilen unserer inneren Struktur. In diesem Sinn ist die Welt
eine Widerspiegelung von uns und wir sind eine Widerspiegelung der Welt.
In dem Wissen um die hier geschilderten Wirkprinzipien und die evolutionäre
Naturgesetzlichkeit der Selbstorga- nisation hat B. Joschko mit seiner Synergetik-Methode
ein Instrumentarium geschaffen, dass es erlaubt, den Prozess der Reintegration
auf der Ebene des SELBST, der INNENWELT zielgerichtet, effizient und nachhaltig
zu durchlaufen.Dabei stellen sich erstaunliche Nebeneffekte ein wie z.B. die
Auflösung von körperlichen Symptomen – ein einfacher Kopfschmerz
kann ebenso wie ein Tumor im Verlauf der synergetischen Prozessarbeit verschwinden.
Um zu verstehen, warum sich bestimmte Nebeneffekte einstellen, müssen wir
uns den selbstähnlichen Aufbau unseres Gesamtorganismus vergegenwärtigen.
Wir wissen, dass körperliche, emotionale und geistige Ebenen des Menschen
Teil des Ganzen sind, sie sind existentiell voneinander abhängig (keine
kann ohne die anderen existieren) und sie wirken aufeinander ein.
Das bedeutet auch, dass sie in ständiger Kommunikation miteinander stehen,
sie müssen sich sozusagen für eine gemeinsame Vorgehensweise abstimmen.
Ein weiterer und für unsere Belange noch wichtigerer Aspekt ist die Tatsache,
dass all diese Ebenen eine selbstähnliche Struktur aufweisen. Wenn es jetzt
gelingt, unserer Informationen auf der tiefsten Ebene (und das ist die neuronale
Matrix auf der wir mit den inneren Bildern arbeiten) neu zu strukturieren, wird
sich eine Neustrukturierung der Information in selbstähnlicher Form auch
auf körperlicher und emotionaler Ebene notwendigerweise einstellen.Da die
Neustrukturierung eine höherwertige Ordnung hat, hat sie das bisher Wirkende,
das Alte integriert. Wir können daher sagen, dass eine Symptomauflösung
nichts weiter als den Nebeneffekt einer erfolgreich erbrachten Integrationsleistung
darstellt.
Wenn diese Integration zumindest partiell gelingt (denn Integration ist eine
Aufgabe, an der der Mensch Zeit seines Lebens arbeiten wird) dann gehen wir
einen Schritt auf unsere Ganzheit zu. Ganz-Werden bedeutet letztlich nichts
anderes als Heil-Werden. In diesem Sinne kann SELBST-Erfahrung dann auch zur
SELBST-Heilung werden.
Von Bedeutung scheint hier auch zu sein, dass die synergetische Prozessarbeit
sich selbstähnlich auf alle eingangs definierten Bereiche des SELBST bezieht.
Durch das von B. Joschko entwickelte Instrumentarium ist es möglich, im
wachen Tagesbewusstsein zu bleiben, gleichzeitig aber auf der Ebene des Unbewussten
zu arbeiten. Wir können beliebig von einem Körpergefühl zu einer
Emotion übergehen und diese miteinander in Verbindung setzen oder beide
mit einer spirituelle Erfahrung rückkoppeln. Wir können mit dem individuellen
ebenso wie mit archetypischem Material arbeiten oder in Rückkopplung an
das morphogenetische Feld kollektive oder transpersonale Aspekte einfliessen
lassen.
Wir können Raum und Zeit überwinden und uns in Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft bewegen. Das heißt, wir sind in der Lage, uns im gesamten
Repertoire und Potential, das das SELBST zur Verfügung stellen kann, zu
bewegen und dieses für eine Integration zu gewinnen.
Dabei wird zu jedem Zeitpunkt be-rücksichtigt, dass das SELBST, wie Jung
bereits nachgewiesen hatte, eine sich selbst regulierende Einheit ist. Der synergetische
Prozess ist immer ein freilaufender Prozess, der sich aus sich selbst heraus
entwickelt und reguliert. Bei einem jedem Versuch, diesen Prozess von außen
zu steuern, zu beeinflussen oder zu kontrollieren, ver-
weigert das SELBST die Zusammenarbeit und wird immer den von ihm selbst eingeschlagenen
Weg weitergehen.
Die therapeutische Prozessbegleitung besteht darin, sich ganz auf die INNENWELT
eines anderen Menschen einzulassen und sich mit ihm darin zu bewegen. Aber Richtung,
Umfang und Charakter dieser Bewegung gibt immer das „System“, d.h.
die Klientin selbst vor.
Die synergetische Prozessarbeit wird daher von solchen Menschen in An-spruch
genommen, die Wachstum und Entwicklung und damit ein Heil-Werden suchen. Es
ist Aufgabe der Synergetik, diese Menschen in ihre INNEN- WELT zu begleiten
und ein Stück des Weges mit ihnen zu gehen. Medizinische oder psychologische
Kenntnisse haben hier keine Gültigkeit, sie sind in der INNENWELT nicht
anwendbar, da sie ihren Blick auf den Menschen von außen richten.
Um das zu verdeutlichen, greifen wir noch einmal auf ein Beispiel zurück.
Wenn wir einen Berg besteigen wollen, so benötigen wir eine komplette Ausrüstung,
um dieses Vorhaben erfolgreich durchzuführen. Mit dem Basishandwerkszeug
für die synergetische Prozessarbeit hat B. Joschko eine solche Ausrüstung
für uns zusammengestellt, die es uns nun erlaubt, uns in der INNENWELT
zu bewegen.
Aufgrund der Erkenntnis über die Gesetzmäßigkeiten, die in der
INNENWELT wirksam sind, hat er entwickelt, welche „Gegenstände“
für eine Reise in die INNENWELT sinnvoll und notwendig sind.Es ist schlechterdings
unmöglich, die INNENWELT von außen zu erforschen oder ihr von außen
zu begegnen. Dies geht immer nur von Innen heraus und dazu müssen wir wissen,
wie wir uns in diesem Innen zu bewegen haben, welche Regeln und Gesetzmäßigkeiten
wir zu beachten haben.Um die synergetische Prozessarbeit zu verstehen, müssen
auch wir deshalb die Blickrichtung ändern, einen Perspektivwechsel vornehmen
– erst dann kann sich uns das Neue erschließen.
Hierin liegt
auch die Schwierigkeit, die synergetische Prozessarbeit mit den gegenwärtig
gültigen Kriterien aus medizinischer oder psychologischer Sicht zu erfassen.
Es ist eine Methode, die Neuland betritt und der Tribut, den sie dafür
zollen muß, ist die notwendige Auseinandersetzung mit der vorherrschenden
Sichtweise, die ihr Eigenes verständlicherweise wahren möchte. Wir
werden daher auch an diesem Punkt den Schritt von einem entweder/oder hin zu
einem sowohl/als auch, d.h. hin zu einem Zusammenwirken wagen müssen.Mit
der synergetischen INNENWELTREISE leisten wir Integrationsarbeit und bewältigen
damit ein Stück unseres Lebens. Die Synergetik hilft uns, diese Bewältigung
effizienter zu gestalten und uns dem SELBST bewusster zu nähern. Dennoch
ist die INNENWELT uns allen zunächst unbekannt und wie bei einer Bergbesteigung
werden wir uns deshalb eine Bergführerin suchen, die mit den Naturgesetzen
des Berges vertraut ist. Diese Aufgabe obliegt der Synergetik-Therapeutin und
selbstverständlich wird sie ihre Klientin nicht auf den Berg hinauftragen,
sondern diese muß zu jedem Zeitpunkt selbst klettern.. Die Klientin wird
entscheiden, ob sie den direkten Steilpass nimmt oder langsam um der Berg aufwärts
herumwandert. Sie wird entscheiden, ob sie die Strecke an einem Tag oder in
zwei Wochen hinter sich bringen möchte. Sie wird entscheiden, wenn sie
eine Pause möchte und lieber in der Sonne liegt.
Aber sie muß diesen Berg allein und selbst bewältigen, sich mit Steinen,
Kanten, Abgründen und ihrer Angst auseinandersetzen, Sonst wird sie diesen
Berg nicht besteigen können und einfach wieder hinuntergehen müssen.
Die Klientin wird also selbst spüren und entscheiden, auf welchem Weg sie
den Berg besteigt, welche Strecke sie sich zumutet und ob sie dieses Vorhaben
auch erfolgreich zu Ende bringen möchte.Selbstverständlich bewegen
wir uns mit diesem Vergleich in einer äußerst unzureichenden Hilfskonstruktion,
die nur ansatzweise verdeutlichen kann, dass das Prinzip der Selbstregulation
und der Selbstorganisation in der synergetischen Prozessarbeit das Bestimmende
ist – es könnte sonst schlicht und ergreifend keinerlei Integrationseffekt
eintreten, einer solcher kann einfach nicht „gemacht“ oder für
bzw. gegen eine andere Person herbeigeführt werden.Die synergetische Prozessarbeit
nimmt auch keine Analyse oder eine sich daraus ergebende Synthese vor, sie folgt
einzig dem Prinzip der Selbstorganisation. Sie bietet mithin die Möglichkeit
einer umfassenden Hilfe zur Bewältigung aller Probleme und Konflikte, die
sich in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Daseins stellen. Sie versteht
daher ihren eigenen Therapie-Begriff in seiner ursprünglichen Bedeutung
als die „Begleitung zum Höchsten“ und dieses „Höchste“
kann keinen besseren Ausdruck finden als in der GANZHEIT des Menschen.
Zusammenfassend können wir sagen, eine neue Wahrnehmung führt zu einer
Integration und einem Perspektivwechsel, der wiederum eine neue Wahrnehmung
ermöglicht. Die Auseinander- setzung um neue Perspektiven, d.h. andere
Blickrichtungen zeichnet sich gegenwärtig in vielen gesellschaftlichen
Bereichen ab. So sind zum Beispiel die Fragen um Krankheit bzw. Gesundheit und
eine ganzheitliche, d.h. eine gänzlichende Sicht von großer Bedeutung
für jeden von uns. Vielleicht ist es gerade deshalb so schwierig, in diesem
Bereich einen anderen Blick einzunehmen.
Doch das Neue kommt leise und es muß Menschen geben, die anderen vorausgehen.
Wir haben für die vorliegende Ausgabe von Innenweltreisen drei Personen
für ein Gespräch gewinnen können, die in ihren Betätigungsfeldern
als Kapazitäten anerkannt sind.
Prof.
Raimund Jakesz, Dr.
med. Gotthard Behnisch und Lothar
Hirneise haben den Schritt eines Perspektivwechsels bereits vollzogen.
Es ist ihnen gemeinsam, dass sie eine andere, über die allgemeine Haltung
hinausreichende Sicht von Erkrankung und allen damit aufgeworfenen Problemen
nicht nur entwickelt haben, sondern in der Praxis auch zur Anwendung bringen.
Wir hoffen, den Leserinnen und Lesern damit die Anregung zur Erfahrung einer
veränderten Wahrnehmung zu geben, d.h. Fragen und Antworten aus einer anderen
als der bisher gewohnten Perspektive kennenzulernen.
Bilder von Marina Stachowiak
Die Synergetik-Therapie im Überblick
In der Entwicklung der Synergetik-Therapie wurden die
Erkenntnisse und Erfahrungen aller großen Therapierichtungen und der Psychosomatik
auf eine Nutzbarmachung geprüft und integriert.
Die Synergetik-Therapie integriert die neuesten Forschungsergebnisse aus naturwissenschaftlichen
Disziplinen:
1)Die Synergetik (Lehre vom Zusammenwirken) des Physikers und Mathematikers
Prof. Hermann Haken.
2)Das Wissen um den fraktalen (selbstähnlichen) Aufbau von Strukturen,
der von dem Mathematiker Prof. Benoit Mandelbrot nachgewiesen wird.
3)Das Wissen um das evolutionäre Naturgesetz der Selbstorganisation, aufgezeigt
durch die beiden Nobelpreisträger Prof. Manfred Eigen (1967) und Prof.
Ilya Prigogine (1977).
4)Die Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie über die Verknüpfung
der Psyche mit dem Immunsystem des Menschen.
5)Die Erkenntnisse der Hirnforschung über die Art und Weise der menschlichen
Wahrnehmung.
6)Die Erkenntnisse über das morphogenetische Feld, d.h. die Wechselwirkung
zwischen individueller und kollektiver Erfahrung, aufgezeigt von dem Biologen
Prof. Rupert Sheldrake.
7)Die Neue Medizin nach Dr. med. Hamer über den Zusammenhang zwischen psychischem
Erleben, körperlicher Erkrankung und Selbstheilungskräften des Körpers.
8)Die Bionik, die das Wissen um die Konstruktionen, Verfahrensweisen und die
Informationsübermittlung in der Natur für die Technik nutzbar macht.
Die Synergetik-Therapie bezieht sich auf die Erkenntnisse der ganzheitlichen,
integralen Sichtweise wie sie von Fritjof Capra, Jean Gebser und Ken Wilber
entwickelt wurde.
Durch eine Kombination der hier genannten Faktoren und deren Übertragung
und Zuschnitt auf das „System Mensch“ entwickelte der Physik-Ingenieur
Bernd Joschko die Methode der Synergetik-Therapie.
Die Synergetik-Therapie arbeitet über, mit und an der Informationsstruktur
im Gehirn, der sog. neuronalen Matrix. Hier sind alle Erlebnisse und Erfahrungen
des Menschen gespeichert und finden sich zu Musterprägungen zusammen, die
miteinander vernetzt sind und eine jeweils individuelle Struktur bilden. Diese
zeigt sich in der Innenwelt, d.h. dem Unbewussten, in Form von Energiebildern,
mit denen ein Klient in der therapeutischen Arbeit in Kommunikation tritt. Durch
diesen Schritt der Rückkoppelung kann er Veränderungen an den Bildern
und damit der gesamten Struktur vornehmen und auf diesem Weg einen Selbstorganisationsprozeß
(Neuorganisation) hin zu einer höheren Ordnung auslösen.
Die Synergetik-Therapie bezieht sich auf das Gehirn als zentrale “Arbeitsebene”,
da hier Gefühle, Ge-danken und körperliche Zustände ihre unmittelbare
Manifestation im Sinne einer „Schaltzentrale“ des Gesamtorganismus
Mensch finden. Diese steht in Rückkoppelung und ist vernetzt mit der körperlichen,
der psychischen und der geistigen Ebene, die jeweils selbstähnlich zu der
Struktur der neuronalen Matrix strukturiert sind.
Aufgrund der genannten Vernetzung und Rückkoppelung vollzieht sich bei
einer Veränderung der Energiebildstruktur (neuronale Matrix) synchron eine
Veränderung gleicher Qualität auf körperlicher, psychischer und
geistiger Ebene. Dadurch wird es möglich, Zustände von Disharmonie
oder Instabilität (wie z.B. eine körperliche Erkrankung) durch den
in der Synergetik-Therapie zentralen Selbstorganisationsprozess nachhaltig aufzulösen
und in eine höhere Ordnung (im Sinne von Harmonie und Stabilität)
zu bringen.
Ein zentraler Bestandteil für die erfolgreiche Anwendung der Synergetik-Therapie
ist der Wunsch, das Bedürfnis und die ernste innere Bereitschaft der Klienten,
aktiv an der Veränderung der eigenen Energiebild- Struktur zu arbeiten.
Er/Sie nimmt durch diesen Schritt die Verantwortung für den synergetischen
Prozess in vollem Umfang zu sich, den ausschließlich er/sie allein bestimmen
und lenken kann. Die/der Therapeut/in übernimmt eine rein begleitende Funktion,
um den/die Klient/in in der Begegnung mit Bildern, Körpersensationen und
Gefühlen zu unterstützen. Die therapeutische Begleitung wertet nicht,
kommentiert nicht, berät nicht und interpretiert nicht.
Die Synergetik-Therapie ist gegenwärtig die einzige Methode, die aufgrund
der hier genannten Faktoren dem Klienten eine echte und nachhaltige Hintergrundauflösung
von Krankheiten, Konflikten und Problemen auf der tiefsten, alle Ebenen des
„System Mensch“ betreffenden Schicht ermöglicht.
Ein Selbstorganisationsprozess kann immer nur innerhalb eines Systems und nur
durch dieses selbst ausgelöst werden. Bezogen auf den Menschen ist daher
von einer echten Selbstheilung zu sprechen.
Roswitha Schneider