Traumataforschung | |
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Offizielle Traumataforschung ZDF Gesundheitsmagazin Praxis vom 2. Dezember 1998 |
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Es wird eine Tendenz, entweder zu Kampf oder Flucht - sich wehren oder sich entziehen - unterbrochen durch die traumatische Erfahrung und diese unterbrochene Handlung hat die Tendenz jederzeit wieder aufgegriffen zu werden, um endlich das, was da zu erledigen war, zu Ende zu führen. Die Ursachen hierfür liegen in den Speichermechanismen des Gehirns. Nach heutigem Forschungsstand werden die Sinneseindrücke dort an unterschiedlichen Stellen verarbeitet. Die für Gefühle zuständige Speicherregion, wird bei einem traumatischen Ereignis regelrecht mit Angst oder Wut überflutet. Gleichzeitig behindert der massive Stress die Weiterleitung der Informationen an Bereiche, die unter anderem für die Unterscheidung von Vergangenheit und Gegenwart zuständig sind. Die Folgen signalisieren Gefahr, selbst wenn diese schon längst vorüber ist. Ein vermeintlich banaler Auslöser genügt. Nach langen Jahren der Forschung arbeiten nun auch in Deutschland führende Traumaspezialisten mit einer neuen Methode. Sie kommt aus Amerika und heißt EMDR: eine Abkürzung für Eye Movement Desensitization and Reprocessing. Auf deutsch: Augenbewegungs-Desensibilisierung und Neubearbeitung. Ein komplizierter Begriff, für einen einfachen Vorgang. |
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R. Lukas: Ja ich war erstmal im Schock und in dieser Phase habe ich also versucht, mich mit Arbeit förmlich zu überhäufen. Ich bin also in die Arbeit geflüchtet, kann man sagen, ich konnte auch nicht sprechen mit meiner Frau, weil ich fand keine Worte dazu.
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18 Jahre unbewältigter Verlust. Geblieben sind die Ängste. Die Schwester der kleinen Anja wurde damals nicht mit zu der Beerdigung genommen - aus Rücksicht. Heute raten Experten genau das Gegenteil. Nämlich, unbedingt Gelegenheit zum Abschied zu geben. So kann das Ereignis bewußt verarbeitet und Spätfolgen vermieden werden. Für alle gilt: Reden - sich aussprechen! Wenn Familie oder Freunde überfordert sind, am besten in speziellen Selbsthilfegruppen. Egal, um welche Art der traumatischen Erfahrung es sich handelt: Weinen und trauern sind natürliche und gesunde Reaktionen. In unserer Erfolgsgesellschaft häufig ins Abseits gestellt. Wir wollen schnell wieder funktionieren und unterdrücken den lebenswichtigen Selbstheilungsprozeß! Aber Trauer braucht Zeit, damit Vergangenes aufgearbeitet und abgeschlossen werden kann und damit gestern und heute nicht mehr durcheinandergeraten. |
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Floto: Drüber reden haben wir gehört - Stichwort: Selbsthilfegruppen oder Angehörige ist besonders wichtig. Prof. Sellschopp: Sehr, sehr wichtig, wird immer wichtiger, weil die Katastrophen zunehmen. Man schätzt, daß jeder Zweite eine solche Katastrophe in seinem Leben erlebt. Selbsthilfe heißt, auf keinen Fall, daß man alleine damit fertig wird, man braucht die Hilfe des Anderen. Selbsthilfegruppen sind ein Modell, man lernt an der Bewältigung des anderen, man kriegt Tips, man bekommt soziale Unterstützung von anderen, das ist das aller-, allerwichtigste und es gibt Leute, die einen dahin führen, weil man selbst so unter Schock steht, wenn ein Trauma passiert, daß man oft selbst den Weg nicht findet. Aber es gibt Begleiter, die einem den Weg zur Selbsthilfe eröffnen. Floto: Wann reicht darüber zu reden - egal mit wem - nicht mehr aus? Wann merke ich das selbst. Prof. Sellschopp: Also durchschnittlicherweise nach ungefähr einem halben Jahr, wenn die Beschwerden zunehmen, die Angst zunimmt, die Erinnerungen nicht abnehmen, die Alpträume zunehmen, die Leistung abnimmt, die Traurigkeit immer da ist und nicht auf das Ereignis konzentriert, dann sollte ich einen Fachmann aufsuchen oder eine Fachfrau. Der Weg heißt erstmal zum Hausarzt, dann zum Psychotherapeuten, doch wir wissen heute, daß das immer wieder darüber reden auch nicht gesund ist. Es verstärkt das traumatische Erleben, deswegen suchen die Psychotherapeuten heute nach neuen Wegen, und es gibt Wege wie speziell traumatisierten Menschen geholfen werden kann. Floto: Eine solche Methode - unglaublich, aber doch wissenschaftlich fundiert und erprobt - die gibt es bereits. Es tut sich also auch auf dem Gebiet der Psychotherapien doch immer noch wieder was Neues. Silke Rühenbeck stellt sie Ihnen, diese neue Therapie, vor. -> EMDR |
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Dabei bittet der Therapeut den Patienten, sich an die
Gefühle der traumatischen Situation zu erinnern. Diese werden dann
auf einer Skala von null bis zehn, als wenig oder sehr belastend, eingestuft.
Dann folgt der Patient mit den Augen den Handbewegungen des Therapeuten.
Die Augenbewegungen werden solange wiederholt, bis die Ängste auf Null zurückgehen. Bei den meisten ist das bereits nach 10 Sitzungen der Fall. Sie gewinnen Abstand zu ihrem Trauma und betrachten es auf einmal mit anderen Augen.
Erleichterung
- zum Teil, daß halt... daß mir nichts passiert ist, daß
ich noch lebe... |
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Kommentar: Das ZDF-Gesundheitsmagazin - bekannt für schulmedizinische Reportagen - beachtet auch endlich den seelischen Einfluß auf Krankheiten. EMDR wird als neue Methode dargestellt, dabei hat die amerikanische Psychologin Shapiro schon vor 10 Jahren diese Methode entdeckt. In der Zwischenzeit haben mehr als 10.000 Kliniker an den EMDR-Trainings teilgenommen, weit über 100.000 Trauma-Patienten konnte geholfen werden. Shapiro glaubte am Anfang, bei EMDR seien die Augenbewegungen entscheidend, doch es stellte sich heraus, daß auch akustische Reize, Berührungen oder andere motorische Abläufe ähnlich wirken. Auch bei EMDR werden die inneren Bilder durch die absichtlichen Störungen einem Selbstorganisationsprozess unterworfen - die Bilder verblassen. In der Synergetik Therapie wird aber zusätzlich der Kontext berücksichtigt und nur in der Innenwelt gearbeitet, daher ist der Prozess schneller und tiefgreifender. Komplexere Krankheitsstrukturen lösen sich auch auf, der Klient wird stärker in die Arbeit einbezogen und die gefühlsmäßigen Reinigungsprozesse laufen nicht unkontrolliert zu Hause. Wann berichtet das ZDF darüber? |